Professor Rudolf Mayer
Ihn vorzustellen, sofern notwendig, möchte ich seinem besten Freund, Carl Layh, überlassen. Seine 1918
erschienene Arbeit, "Die Reliefarbeiten von Professor Rudolf Mayer", leitet er mit einem
Nachruf ein, der von höchstem Respekt, Anerkennung, und langjähriger Freundschaft geprägt ist.
"Am 24. Juni 1916 verschied Professor Rudolf Mayer in Karlsruhe, nach dem er wenige Tage
zuvor noch seinen 70. Geburtstag begehen konnte.
In ihm verlor die deutsche Kunstmedaille einen ihrer hervorragendsten Meister.
Er war am 12. Juni 1846 zu Niedeck (Österr.-Schlesien) als Sohn eines Oberförsters geboren. Im Jahre
1857 siedelte er mit seinen Eltern nach Teschen über und trat 1862 in die Erzherzogliche Gießerei zu
Trzynitz als Lehrling ein, wo er schon frühe großes Talent zum Formen zeigte. Im Jahre 1865 kam er
auf die Kunstgewerbeschule in Wien und erwarb sich dort durch sein eifriges Zeichnen und Modellieren
bald den Ruf eines tüchtigen Künstlers. Namentlich leistete er schon damals ganz Hervorragendes auf
dem Gebiete der getriebenen und ziselierten Arbeiten, die er später in so glänzender Weise bemeisterte.
Im Jahre 1874 ging er als Lehrer nach Stuttgart und folgte 1886 einem Rufe als Professor an die
Großherzogliche Kunstgewerbeschule in Karlsruhe, wo er bis zu seiner Zurruhesetzung im Jahre 1914
als hochgeschätzte Lehrkraft mit großem Erfolge wirkte.
Bis zum Jahre 1896 widmete Professor Rud. Mayer sein hervorragendes Talent fast ausschließlich der
künstlerischen Treibarbeit und hat auf diesem Gebiete Meisterwerke geschaffen, die seinem Namen noch
in den fernsten Zeiten Ehre machen werden.
Die frische Kunstströmung auf dem Gebiete der Schaumünze, die Ende des vorigen Jahrhunderts, von Paris
und Wien ausgehend, nach Deutschland vorgedrungen war, regte ihn an. Er folgte ihr seit dem Jahre 1896
und hat sich auf diesem Gebiete bis an sein Lebensende, neben seiner Lehrtätigkeit und einiger für den
Rathausschatz in Dortmund ausgeführter größeren Arbeiten der Goldschmiedekunst, fast ausschließlich
betätigt.
Seine ersten Arbeiten lehnten sich an die französische Schule, die damals in Roty und Chaplain ganz
hervorragende Vertreter hatte, an. Aber bald ging er seine eigenen Wege, indem er die Flächen im Relief
mehr betonte und damit dem deutschen Empfinden Rechnung trug.
Ein erster Preis, den er im Jahre 1897 bei einer Medaillenkonkurrenz in Dresden, zusammen mit dem damals
schon berühmten Anton Scharff aus Wien, errang, erhöhte seinen Eifer, auf dem betretenen Wege weiterzugehen.
Seit 1896 hat Professor Mayer eine große Anzahl hervorragender Arbeiten geliefert, die jedem Medaillenfreunde
mehr oder weniger bekannt und vielen lieb und wert geworden sind, die aber auch seinen Namen weit über
Deutschlands Grenzen hinausgetragen und ihm viel Ehre und Anerkennungen gebracht haben. Er führte Stichel
und Punzen ebenso sicher wie das Modellierholz, fertigte aber seine Modelle in Wachs. Nicht weil er
Abneigung vor dem harten Stoffe, dem Metalle, hatte, denn den beherrschte er wie nur wenige, sondern
weil er diese Arbeitsweise für richtig hielt und imstande war, den von der Maschine gelieferten Stahlstempel
bis in die feinsten Einzelheiten nach seinem Empfinden zu Prägezwecken herzurichten. Wie er den Stahl
beherrschte, so lagen ihm auch die anderen Metalle und sogar im Lederschnitt hat er bedeutende Kunstwerke
geschaffen. Gerade diese umfassende Kenntnis des Materials eignete ihn ganz besonders zum Medailleur, denn
schon beim Modell rechnete er auf die Wirkung in der Ausführung.
Der neueren Kunstrichtung stand er fern; das war schon durch seinen Werdegang bedungen. Seine Arbeitsweise
war ruhig mit Überlegung gepaart und oft, wenn man nach einer begonnenen Arbeit fragte, kam die Antwort
"die schwitzt", d. h. sie ruht, bis wieder die Lust zur Weiterarbeit kommt.
Anfänglich hat Professor Mayer seine Arbeiten an verschiedene Firmen abgetreten; aber schon seit 1897
verband er sich ohne Verpflichtung mit der Hof-Kunstprägeanstalt B. H. Mayer in Pforzheim in der Weise,
daß genannte Anstalt fast alle seine Werke übernahm, oft ehe sie fertig waren. Es sind dadurch Vorteile
entstanden, die für beide Teile wertvoll wurden. Einesteils hatte der Künstler volle Freiheit für sein
Schaffen und andernteils die Prägeanstalt Material, um ihre Leistungen auf künstlerischer Höhe erhalten
zu können. Beide, Künstler und Prägeanstalt, haben sich um die Hebung der deutschen Kunstmedaille wohl
verdient gemacht.
An Anerkennungen hat es dem Künstler nicht gefehlt, denn auf allen beschickten Kunst- und Weltausstellungen
eroberte er den ersten Preis.
Von seinem Landesherrn, in dessen besonderer Gunst er stand, erhielt er außer den früher empfangenen
Ordensauszeichnungen bei seinem Abgang vom Lehramt die große Goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft.
Aber außer dem Künstler ist mit ihm auch ein liebenswürdiger Mensch, ein guter mit Humor ausgestatteter
Erzähler und gemütlicher Gesellschafter, sowie ein treusorgender Familienvater zu Grabe getragen worden."
"Die Reliefarbeiten von Professor Rudolf Mayer" sind als 1918 als Sonderdruck im Verlag der Frankfurter Münzzeitung erschienen. Das sich im BHM-Archiv befindliche Exemplar, ist zudem mit einem Exlibris von Bernhard Heinrich Mayers 1877 geborenen Sohn versehen. Auch er hieß mit Vornamen Rudolf.
Zur Zeit ist das BHM-Archiv, in Zusammenarbeit mit dem Badischen Landesmuseum, und dem Erben von Carl Layh, beschäftigt, "Die Reliefarbeiten …" zu aktualisieren, und mit stark erweitertem Inhalt neu zu präsentieren. Dieses Vorhaben ist mit enormem Aufwand verbunden, und wird noch einige Zeit beanspruchen. Interessenten können sich aber gerne über den Stand der Arbeiten hier im Archiv informieren.
Als kleines "Trostpflaster" hier unten, ein 1910 als Loseblattsammlung veröffentlichter Katalog, mit einer Auswahl seiner in der Pforzheimer Hof-Kunstprägeanstalt erschienenen Arbeiten, als Download im PDF-Format.


Titel | Autor | Erscheinungsjahr | Scan | |
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BHM 1910 Katalog Rudolf Mayer |
![]() 12,3 MB |
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Rudolf Bernhard Mayer oder Medailleur in dritter Generation | Norbert Riemer | 2021 |
![]() 2,5 MB |
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